Grit Richters Einzelausstellung Breathe Out in der Galerie Tanja Wagner zeigt neue Malereien, die jede für sich, eine ganz unterschiedliche Welt aufmachen. Figürliche Elemente sind in ihren neuesten Motiven mit konkreten Handlungen ausgeformt und in szenischen Räumen platziert. 

Menschliche Beziehungsgeflechte, Sexualität, Erschöpfung, manchmal auch Ironie, Sehnsucht und Missverständnisse sind dort zu erleben. So wie im großformatigen Werk The Broken Hearts Society, in dem sich zwei kurvige, gesichtslose Körper auf dem Boden fläzen. Die Szene in warmen Rot- und Lilatönen wirkt intim – bei näherem Hinsehen treffen in den Gesten der Figuren jedoch einerseits eine zum legeren Fistbump geformte Faust, anderseits die Hälfte eines hoffnungsvollen Hand-Hearts aufeinander.

Referenzen zur digitalen Welt sind in Richters Arbeit in vielerlei Hinsicht präsent. Die ätherischen Farbverläufe, Wolken-, Sternenhimmel und Raster erinnern an jene, die wir aus Computerprogrammen wie Windows oder Photoshop kennen und sich in Breathe Out als weiss-grau gerasterter Teppich auch in den Ausstellungsräumen wiederfindet. Richter wählt solche Hintergründe bewusst in ihrer Motivgestaltung als simple wie ebenso effektvolle Möglichkeit um ihren Figuren einen Bildraum zu geben. In der Entwurfsphase arbeitet sie ausschließlich digital – so lassen sich Szenarien durchspielen und den Figuren verschiedene Räume und Handlungen zuweisen bis hin zur finalen Skizze. Schicht um Schicht, kontrolliert und präzise trägt Richter dann die Ölfarben auf Leinwand auf, die in ihrer Intensität und Klarheit wirken, als würden sie von innen heraus leuchten.

Das Einbeziehen digitaler Programme und vorherige Festlegen der Motive lässt das eigentliche, physische Malen auf Leinwand für Richter so zu einem meditativen Prozess werden, frei von jeder Entscheidungsnotwendigkeit. Breathe Out, so wie wir es auch aus meditativen Übungen kennen, bedeutet Ausatmen, Loslassen, Raum schaffen, in Einklang bringen mit sich selbst und der Welt.

Richter schafft es in ihrer Arbeit nicht nur ein vielschichtiges und tiefgehendes universelles Gedächtnis aus Emotionen, Empfindungen und Erinnerungen sichtbar und fühlbar zu machen, sondern bezieht – so wie in unserer heutigen Realität untrennbar verknüpft – unser digitales Erleben ebenso mit ein.

Grit Richter wurde 1977 in Dresden geboren und lebt und arbeitet in Hamburg. Sie studierte an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden und Hamburg in der Klasse von Prof. Norbert Schwontkowski. Derzeit sind ihre Werke in einer raumgreifenden Installation in der Hamburger Kunsthalle zu sehen. Im Oktober diesen Jahres werden ihre Arbeiten in der Ausstellung Echtzeit – Neue Werke für die Kunstsammlung Dresden in der Städtischen Galerie Dresden und im November in der Ausstellung Dissonance Platform Germany (2) im Nationalmuseum Bucharest zu sehen sein.
Weitere Ausstellungen (Auswahl): Stadtgalerie Kiel; Overbeck-Gesellschaft, Lübeck; Künstlerhaus Bethanien, Berlin; Museum im Prediger, Schwäbisch Gmünd; C. Rockefeller Center for the Contemporary Arts, Dresden; Museum Gunzenhauser, Kunstsammlungen Chemnitz; Vanha Paukku Cultural Center, Lapua, Finnland; Deichtorhallen Hamburg / Sammlung Falckenberg, Hamburg.