Galerie Tanja Wagner präsentiert die Einzelausstellung In the Darkened Rooms von Šejla Kamerić während des Gallery Weekend Berlin.

Schmerz, Sehnsucht, Kontrolle und Widerstand verflechten sich in In the Darkened Rooms, einer tiefgehenden Auseinandersetzung mit der untrennbaren Verbindung zwischen dem Politischen und dem zutiefst Persönlichen.

Aufbauend auf ihrer Werkreihe Rose Garden und Hooked – letztere wurde u.a. bei der Manifesta 14 gezeigt – präsentiert Kamerić eine Installation aus drei von Frauen in Sarajevo handgefertigten schwarzen Häkelobjekten. Während Handarbeit traditionell immer noch dem Weiblichen und damit Häuslichen zugeschrieben wird, sind Kamerićs Arbeiten universelle Reliquien von unerzählten Lebensrealitäten. Sie tragen Erinnerungen und Geheimnisse in sich, sind Widerstand und zugleich Eskapismus aus repressiven soziopolitischen Bedingungen und gelten in alldem für was sie stehen, als Antidote zum gegenwärtigen patriarchal geprägten Hyperkapitalismus.

Ihre Serie Thorn (Bitch) (2021/2025), bestehend aus analogen Sofortbildern, dient sowohl als Dokument als auch als Spur – sie fangen flüchtige, intime Momente ein, die sich wie ein Erzählstrang durch den Raum ziehen. Die kleinformatigen Sofortbilder, die Nahaufnahmen eines weiblichen Körpers in Interaktion mit Dornenästen auf nackter Haut zeigen, wirken implizit und explizit zugleich und erfordern körperliche Nähe um sie sich genau anzusehen. Im starken Kontrast dazu zieht sich ein dunkler Farbstreifen wie ein Schutzwall vom Boden herauf und erinnert an einen seltsam überdimensionierten Schmutzprotektor, wie man ihn aus öffentlichen Gebäuden kennt und hier vor unserem voyeuristischen Annäherungen schützt.

Die Motive erzählen von der Ambivalenz aus sinnlicher Lust im Kontext sexueller Selbstbestimmung und tradiert gesellschaftlicher Unterdrückung von Wahrheiten über weibliche Sexualität – mythologische Figuren wie die der Lilith zeugen bereits seit Beginn der Menschheitsgeschichte von genau jener Furcht vor ununterdrückter weiblicher Eigenermächtigung und wie diese als abnormal, dämonisch oder unehrenhaft stigmatisiert wurde. Das Medium des Selfies als Möglichkeit zur Selbstbestimmung um das Narrativ über den weiblichen Körper zu definieren, zieht sich wie ein roter Faden durch Kamerićs Gesamtwerk – ein künstlerisches Stilmittel, das Frauen über Jahrhunderte in der Öffentlichkeit verwehrt blieb – und schafft so ein allgemein gültiges Bild über den weiblichen Körper als Subjekt, das – im Gesellschaftlichen wie Privaten – die Spuren unserer menschlichen Existenz in all ihrer Ambiguität zeigt. Die Aufnahmen werden von Messingskulpturen begleitet, die die Erzählung in eine dreidimensionale Form überführen und die Spannung zwischen Intimität und Entblößung, Verletzlichkeit und Trotz vertiefen.

In einer Gegenwart aus zunehmend repressiver werdenden Gesellschaftsstrukturen und einer immer finsterer erscheinenden Zukunft, lenkt Kamerić unseren Blick auf weibliche und somit universell menschliche Lebensgeschichten – Erzählungen von Intimität, Voyeurismus, sexueller Selbstbestimmung und der emotionalen Belastung von Durchhaltevermögen.

Als eine der bedeutendsten feministischen Stimmen ihrer Generation hat sich Šejla Kamerić, 1976 in Sarajevo geboren, durch ihren multidisziplinären Ansatz – der Film, Fotografie, Objekte, Zeichnungen und Installationen umfasst – internationale Anerkennung erworben. Ihre Einzelausstellung EX YOUwurde kürzlich im Fotografiska Berlin eröffnet und vereint sowohl neue Arbeiten als auch Schlüsselwerke. Die Ausstellung ist bis zum 17. August 2025 zu sehen und tritt in einen vielschichtigen Dialog mit ihrer zeitgleich stattfindenden Ausstellung in der Galerie Tanja Wagner.

Ihre Werke befinden sich in renommierten Sammlungen wie dem bald eröffnenden Fenix Museum in Rotterdam, der TATE Modern in London, dem Musée d’Art Moderne de la Ville in Paris, dem Museum Boijmans Van Beuningen in Rotterdam, der Vehbi Koç Foundation Contemporary Art Collection in Istanbul, dem MACBA in Barcelona, dem MMCA – Museum of Contemporary Art in Seoul, Korea, dem Museum für zeitgenössische Kunst in Zagreb, der Kontakt Collection in Österreich und ArtTelekom in Deutschland.
Eine Auswahl ihrer jüngsten Einzelausstellungen umfasst: 2025: FC – Francisco Carolinum, Linz 2024: Museum of Contemporary Arts of Montenegro, Podgorica; Cukrarna Gallery, Ljubljana; Campo Santo Stefano, Venedig 2023: Contemporary Art Gallery, Subotica 2022: Kunsthaus Dresden Robotron Kantine, Dresden; TATE Modern, London 2021: KRA Center for Contemporary Culture, Bihać; Realstage Association, Sarajevo 2018: Fondazione Adolfo Pini, Mailand; Kibla, Maribor; GAK Gesellschaft für Aktuelle Kunst, Bremen 2015: ARTER Space for Art, Istanbul; Nationalgalerie des Kosovo, Prishtina